Chinesische Fahrzeuge als Chance

Strafzölle auf chinesische E-Autos

Chinesische Fahrzeuge als Chance

8. November 2024 agvs-upsa.ch – Die USA und auch die EU erheben happige Strafzölle auf in China produzierte Elektroautos – was übrigens nicht nur chinesische Marken trifft. Doch was heisst dies für die Schweiz? Wird das Thema China dadurch zum Problem oder zur Chance? Die Hintergründe. Jürg A. Stettler


Nicole Sahlmann, Brand Director von MG, mit dem neuen Elektro-Roadster Cyberster im Zürcher Letzigrund. Foto: MG

Bezüglich Abgasregelungen wären wir in der Schweiz wegen des schärferen «Swiss Finish» bei den CO2-Abgaben wohl fast schon gerne in der EU: Dann käme uns zum Beispiel die hohe Allradquote nicht so teuer. Bezüglich Strafzöllen auf chinesische Elektroautos sind wir aber jüngst froh, dass wir nicht zur EU gehören: In Europa werden voraussichtlich schon ab 1. November happige Zölle fällig. Für China Fahrzeuge – auch von europäischen Autoherstellern, die in China für den hiesigen Markt produzieren, ob BMW iX3, Mini Aceman oder Cupra Tavascan – will die EU rund 21 Prozent an Strafzoll einführen. Wer als Autohersteller bei der Anti-Subventionsuntersuchung nicht mit den EU-Behörden kooperierte, soll sogar mehr als 35 Prozent Strafzoll zahlen.

Die EU versucht mit diesen Strafzöllen zu verhindern, dass China den europäischen Automarkt mit günstigen Elektromodellen flutet und der europäischen Autoindustrie schadet. Denn immerhin 12,9 Millionen Europäer arbeiten in der Autobranche, und die Autoindustrie erwirtschaftet über sieben Prozent der EU-Bruttoinlandsprodukte. Nach Ansicht der EU kommen die tiefen Preise der E-Fahrzeuge unter anderem durch unfaire Unterstützung der chinesischen Regierung zustande und seien also wettbewerbsverzerrend. Die Zölle auf reine E-Autos aus chinesischen Werken sollen dies ausgleichen, so den Expansionskurs der chinesischen Autoindustrie zumindest vorerst bremsen und den Standort Europa schützen. «Zweifellos gilt: China ist aufgerufen, einen fairen Welthandel zu garantieren und nicht mit Gegenmassnahmen zu reagieren», kommentierte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der deutschen Autoindustrie VDA. «Der Antisubventionsbericht hat deutlich gezeigt, dass das Ausmass und die Art und Weise von staatlicher Unterstützung in China eine Herausforderung sind. Doch durch die Zölle wächst nicht nur das Risiko eines beiderseitigen Handelskonflikts.»
 






Adrian Büchler, CEO der Auto Kunz AG, dem Schweizer Importeur der chinesischen Marke JAC.


Strafzölle auch in den USA
Im Sommer hatten bereits die USA ihre Zölle auf chinesische E-Autos von 25 auf 100 Prozent vervierfacht. Nach der Präsidentenwahl könnten diese sogar noch weiter steigen. Donald Trump hat von 200 Prozent gesprochen, und die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris ist in diesem Punkt ebenfalls nicht unbedingt für freien Handel. Man darf gespannt sein, wie sich dieser Handelskonflikt entwickelt. Denn der freie Handel ist gerade für die weltweit eng verknüpfte Autoindustrie ein wichtiger Grundpfeiler ihrer Wirtschafts- und Innovationsleistung. Welche Gegenreaktionen die Zölle im Reich der Mitte hervorrufen werden, ist noch offen. Dass es Reaktionen geben wird, dürfte aber sicher sein. Gegenüber der «Automobilwoche» erklärte Stella Li, Europachefin von BYD: «Der Zoll ist unfair für die europäischen Verbraucher, da er ihren Zugang zu leistungsstarken Elektrofahrzeugen einschränkt.» Doch für BYD bleiben die höheren Importzölle nur eine «kurzfristige Herausforderung», denn durch neue Fabriken in der Türkei und in Ungarn (Produktionsstart bereits Ende 2025) kann BYD bald in der EU herstellen und so höhere Zölle umgehen. Diese EU-Zölle werden übrigens während satten fünf Jahren in Kraft sein und auf begründeten Antrag und im Anschluss an eine Überprüfung sogar verlängert werden können.


Tim Albertsen, CEO von Ayvens (links), einem führenden Unternehmen für Flottenmanagement und Mobilität weltweit, und Stella Li, Europachefin von BYD (rechts), bei der Unterzeichnung eine Vereinbarung, um die Umstellung auf Elektrofahrzeuge in Europa gemeinsam schneller voranzutreiben. Foto: BYD

Schweizer Garagisten nicht betroffen 
Handelsbarrieren und Zölle sind Gift für den Freihandel, doch hierzulande können chinesische Autos, sofern direkt in die Schweiz importiert, weiterhin zollfrei eingeführt werden. Dies gilt beispielsweise auch für die neuen SUV-Modelle ZS und HS von MG, die von Astara in die Schweiz importiert werden, oder auch die insgesamt sechs JAC Modelle, für deren Import die Auto Kunz AG verantwortlich zeichnet. Sie sind von den europäischen Strafzöllen nicht betroffen. Die Schweizer Garagen und Importeure profitieren vom Freihandelsabkommen mit China, das seit dem 1.Juli 2014 in Kraft ist. «Unsere Marke kommt zum richtigen Zeit punkt und mit einem äusserst interessanten Angebot in die Schweiz. Sie macht E-Mobilität für die Öffentlichkeit erschwinglich und bietet gleichzeitig Qualität und Leistung», so Nicole Sahlmann, Brand Director von MG in der Schweiz. Sie ergänzt: «Wir sind gerade dabei, ein einstufiges Händlernetz aufzu bauen. Astara selbst hat ja keins, so konnten wir auf der grünen Wiese starten. Bis Ende 2025 wollen wir schweizweit insgesamt 25 so genannte MG Customer Experience Center aufbauen. Stand heute sind wir bei elf und mit weiteren laufen die Verhandlungen.» Sahlmann sieht sich und die Marke auf Kurs, auch wenn viel Kleinstarbeit zu leisten sei und einiges vielleicht mal länger dauere als ursprünglich gedacht. Mit Verträgen für 374 Fahrzeuge per Ende September und mit den neuen Modellen, die man an der Auto Zürich Anfang November bewundern könne, gehe es zügig voran.

Auch beim JAC-Importeur sieht man mehr Chancen als die Herausforderungen, wie Adrian Büchler, CEO Auto Kunz AG, erläutert: «Durch das Freihandelsabkommen sind wir von den Strafzöllen nicht betroffen.» Daher könne man beispielsweise den neuen Elektro Pickup JAC T9EV 4×4 (ebenfalls an der Auto Zürich zu sehen) sogar unter 42000 Franken anbieten. «Wir schauen uns die Situation genau an, denn für die ganze DACH-Region könnten diese Zölle auf chinesische E-Fahrzeuge für uns durchaus eine attraktive Option darstellen», meint Büchler vielsagend.
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