«Da kommt noch mehr, viel mehr!»

Spannende Zukunftsperspektive

«Da kommt noch mehr, viel mehr!»

20. Dezember 2024 agvs-upsa.ch – Im Umland verteuern EU-Strafzölle Elektrofahrzeuge aus China gerade um satte 21 bis 35 Prozent. In der Schweiz bleiben sie dank Freihandelsabkommen davon verschont, aber auch sonst sind Marken sowie E-Autos aus China durchaus attraktiv, wie ein Besuch bei einem Voyah-Partner zeigt. Jürg A. Stettler


Tim Aeschlimann plädiert dafür, auch mal einer kleinen Marke – egal woher sie kommt – eine Chance zu geben. Foto: AGVS-Medien

Die Autohaus Thun-Nord AG in Steffisburg BE ist nicht nur ein langjähriges AGVSMitglied, der inhabergeführte Familienbetrieb gehört auch zu den Garagen, die es wagten Neuland zu betreten. Rund 23 Mitarbeitende kümmern sich hier um Service und Reparaturen verschiedenster Marken und verkaufen Neuwagen von Dacia, Ford und Renault sowie Occasionsfahrzeuge. «Seit Mai 2024 sind wir auch offizieller Vertriebs- und Servicepartner der chinesischen Premium-Elektromarke Voyah», verrät Tim Aeschlimann, Mitinhaber und Geschäftsführer, stolz. 

Kündigung von Ford auf März 2025 
Hinter der chinesischen Marke steckt das Start-up Noyo AG aus Rotkreuz ZG. Dieses hat mit einem kompetenten Team mit viel Erfahrung aus der Autobranche und dank guter Kontakte zu China eine Kooperation mit führenden chinesischen OEMs und E-Fahrzeugherstellern aufgebaut und ist in den letzten Monaten zudem stark gewachsen. «Sie haben ein ganzes Aftersales-Netz und arbeiten bezüglich Fahrzeugaufbereitung, Teile und Lager beispielsweise mit Galliker Transport zusammen », führt Tim Aeschlimann weiter aus. Doch wie kommt man als renommierter Markenvertreter gerade darauf, auf eine hierzulande noch kaum bekannte Marke wie Voyah zu setzen? Tim Aeschlimann redet nicht um den heissen Brei herum: «Wir sind aufgrund der allgemeinen Händlernetzentwicklungen seit Längerem am Schauen, welche Marken sich für uns noch anbieten würden. Diverse Marken verkleinern ihr Händlernetz. Wir haben beispielsweise seitens Ford die Kündigung per Ende März 2025 erhalten. Somit werden wir kein Ford-Händler mehr sein.» 

«Wir haben uns daher nach einer Volumenmarke umgeschaut und auch einige Gespräche geführt. Da unser Kerngeschäft aber klar bei Renault und Dacia ist und dies auch so bleiben soll, kam es zu keiner Einigung bei diesen Gesprächen. » Zudem wollte die Autohaus Thun- Nord AG für eine neue Marke nicht wieder viel Geld in einen neuen Showroom und Weiteres investieren. «Daher haben wir nach einer Marke gesucht, die nicht extreme Ansprüche betreffend Showroom-Grösse, Corporate Identity, etc. hat und sind so zuerst auf die chinesische Marke MG gestossen», so Aeschlimann. Doch MG wollte vorerst noch keine Vertretung im Raum Thun. Schliesslich sei man auf Voyah, beziehungsweise Noyo AG, aufmerksam geworden. «Die Chemie zwischen uns und den Vertretern von Noyo hat schon beim ersten Besuch bei uns gepasst. Nun steht also in unserem Showroom ein Voyah Free und draussen ein weiterer Elektro-SUV für Testfahrten », erläutert der 28-Jährige zufrieden. 


Gegenwart und Zukunft: Bald wird das Ford-Logo verschwinden, dafür will Tim Aeschlimann mit der chinesischen Marke Voyah durchstarten. 

Zukunftsperspektive von Voyah 
Beim Elektro-SUV, der neben einer WLTPReichweite von 500 km, 260 KW/489 PS, 720 Nm sowie zweimotorigem Allradantrieb vor allem durch seinen Preis von 69990.– Franken aufhorchen lässt, wird es nicht bleiben. Denn die treibende Kraft hinter der E-Marke ist die Dongfeng Motor Corporation (DFM). Der renommierte Mutterkonzern wurde bereits 1969 gegründet, hat bedeutende Joint Ventures mit Nissan, Honda, Kia und der PSA-Gruppe und zählt mit über 176000 Mitarbeitenden zu den führenden Unternehmen der chinesischen Automobilindustrie. «Die Kundschaft reagiert sehr positiv auf den Voyah Free. Die meisten Kunden sind begeistert, und das Preis-Leistung-Verhältnis ist der Hammer!», erläutert Aeschlimann vor dem stattliche 4,91 m langen Fahrzeug.

«Wir fanden vor allem die Zukunftsperspektiven von Voyah spannend. Was die Marke in den nächsten Jahren erreichen will und welche Modelle und Segmente bedient werden sollen. Da bleibt es nicht nur beim Voyah Free und dem Premium-Premium-Ansatz», erläutert der passionierte Freizeit-Fussballer und Golfer. «Wäre dies so gewesen, hätten wir den Schritt kaum gewagt; aber da kommt noch mehr, viel mehr!» Damit macht der junge Geschäftsführer unmissverständlich deutlich, dass eine chinesische Marke einem Schweizer Garagisten durchaus Chancen bietet. Bereits an der Auto Zürich im November offenbarten die Chinesen einen ersten Ausblick auf diese Zukunft. Etwa mit dem 5,32 m langen Luxus-Van Voyah Dream oder dem 4,02 m langen Stadtflitzer Dongfeng Box, der dank 2,66 m Radstand erstaunlich viel Platz im Innern bietet und mit 42,3-kWh-Batterie auf eine WLTPReichweite von 310 km kommt. Und dies alles ab 21990 Franken! «Mit dem Voyah Courage kommt 2025 auch ein Kompakt-SUV. Dieses neue Produktportfolio dürfte der Schweizer Kundschaft eine moderne E-Mobilität zu spannenden Preisen ermöglichen», analysiert Aeschlimann. Die attraktiven Preise in Ehren, doch die grösste Herausforderung bleibt, dass die Leute wirklich in ein No-Name-Brand-Produkt einsteigen und an die E-Mobilität glauben. «Vor allem in einer Zeit, wo die Nachfrage nach E-Modellen eher am Schwächeln ist», gesteht der AGVS-Garagist.

Die ganze Batterietechnik der Voyah-Modelle ist für eine Renault-Vertretung dagegen kein Neuland, schliesslich fuhr die erste Generation des vollelektrischen Renault Zoe schon vor über zehn Jahren vor. Half dies ebenfalls beimUmstieg – vor allem in der Werkstatt – auf die chinesische E-Marke? «Technisch müssten da wohl die Jungs aus der Werkstatt Auskunft geben, aber was wir schon feststellten: Die Voyah-Batterie kann besser mit Temperaturschwankungen umgehen. Sie verliert bei kälteren Temperaturen klar weniger an Reichweite, da haben sie im Thermomanagement sicherlich Fortschritte gemacht», erläutert er. Auch bezüglich Fahrzeugdiagnose, wo die Chinesen unter anderem auf einen KI-unterstützenden Chat-Bot setzen, sei man im Vergleich zu anderen Marken schon sehr weit. «Hier merkt man, dass man in Asien anders an technische Dinge und die IT herangeht. Auch bezüglich Multimediasystemen – selbst wenn dies für uns durch die Vielzahl der Optionen fast etwas zu verspielt wirkt», erklärt Tim Aeschlimann. Sämtliche Ersatzteile können über einen versteckten Link auf der Homepage in einem Online-Shop bestellt werden. 

Perspektiven für den Verkauf 
Vieles spreche für die Fahrzeuge aus China, so Tim Aeschlimann. «Wir haben täglich mit Produkten aus Asien zu tun, ob Computer, Maus, Tastatur, Smartphone oder auch Markenprodukte wie etwa eine Apple-Watch. Wieso nicht auch in der Mobilität auf chinesische Marken und Produkte setzen?», stellt er die rhetorische Frage. In vielen Bereichen seien diese technisch gar weiterentwickelt. Und durch die günstigere Herstellung würden sich für den Verkauf wieder Perspektiven eröffnen. «Dadurch liegen beim Verkauf vielleicht wieder einmal etwas höhere Margen drin», so Aeschlimann, der nach dem KV und seiner Arbeit in einer Werbeagentur seit 2018 wieder im Familienbetrieb tätig ist und kürzlich ein Betriebswirtschaftsstudium abgeschlossen hat. «Zurzeit sieht es eher so aus, dass der Verkauf durch die Werkstatt quersubventioniert wird. Ein rentabler Autoverkauf sollte das Ziel des Garagengewerbes sein. Trotz grossen Herausforderungen glaube ich an die Zukunft unseres Gewerbes, denn Mobilität wird es immer geben», bringt es das AGVS-Mitglied auf den Punkt.

Den Chinesen eine Chance geben 
Klar bestehe trotz Freihandelsabkommen, das die Elektrofahrzeuge anders als im europäischen Umland, wo Strafzölle eingeführt wurden, in der Schweiz nicht um satte 21 bis mehr als 35 Prozent verteuern werden (s.a. AUTOINSIDE November), mit einer chinesischen Marke als neues Standbein ein unternehmerisches Risiko. Doch dieses geht er ein, denn: «Wir haben keine langjährigen Verträge unterschrieben oder viel Geld in einen neuen Showroom investieren müssen. Das machte den Entscheid für Voyah ebenfalls leichter.» Für Tim Aeschlimann ist klar, selbst wenn sich aktuell vieles verändere, müsse man die Transformation mitmachen. «Die Autos fahren inzwischen schon halbautonom, nur wir Garagisten arbeiten zum Teil noch wie anno 1990. Damit habe ich Mühe», gesteht er. «Wir müssen uns anpassen und Lösungen finden, wie etwa eine chinesische Marke ins Portfolio aufnehmen», ergänzt er. «Man muss auch einmal einer kleinen Marke – egal, woher sie kommt – eine Chance geben», erklärt der Garagist aus Steffisburg. Denn heute seien es längst nicht mehr nur die Volumenhersteller, die den Takt vorgeben. «Man sollte ein offenes Ohr für Neuheiten haben; wie man dies in anderen Branchen, nebst der Autobranche, ebenfalls macht!»
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