Erfolgreiche Tagung zeigt, wo der Schuh noch drückt

Grundbildungen im Detailhandel

Erfolgreiche Tagung zeigt, wo der Schuh noch drückt

17. März 2023 agvs-upsa.ch – Die Freude bei den Bildungsverantwortlichen der Kommission Detailhandel des AGVS war gross, als für den ersten Erfahrungsaustausch zu den neuen Grundbildungen im Detailhandel über 100 Anmeldungen eingingen. Dadurch gelang es den verschiedenen Zielgruppen wie Berufsbildner/-innen und Vertreter/-innen der Betriebe aus dem «Sales» und «After-Sales», den Prüfungsexperten und den üK-Leitenden in der Mobilcity eine inhaltlich spannende Tagung zu bieten und alle Aspekte der neuen Ausbildung zu erörtern. Das sind die Erkenntnisse auf einen Blick.

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Rabia Nur (Mitte) und Ana Beatriz (rechts) gaben einen Einblick, wie sie selbst die neu positionierte Lehrstelle im Alltag erleben respektive warum ihre Berufswahl auf eine der neuen Grundbildungen fiel. Olivier Maeder, AGVS-Geschäftsleitung Bereich Bildung, übergab den beiden als Dankeschön ein kleines Geschenk. Fotos: AGVS-Medien

cym/om. Gleich zwei junge Auszubildende nahmen sich Zeit, um nach getaner Arbeit Olivier ­Maeder, AGVS-Geschäftsleitung Bereich Bildung, in den Workshops an der Erfa-Tagung Rede und Antwort zu stehen. Die zwei Frauen boten damit den rund 100 Interessierten einen spannenden Einblick, wie sie selbst die neu positionierte Lehrstelle im Alltag erleben respektive warum ihre Berufswahl auf eine der neuen Grundbildungen fiel. Rabia Nur ist Lernende im ersten Lehrjahr DHF «After-Sales» bei der Emil Frey AG und Ana Beatriz noch Schülerin, die ab August eine Lehre im «Sales» beginnt. «Ich freue mich schon riesig darauf, mein allererstes Auto zu verkaufen», meinte Ana Beatriz und betonte ihre generelle Freude an Autos. Sie habe sich an der Berufsmesse in Zürich über diese Ausbildung schlau gemacht. «Mir brachte das viel mehr als das Schulfach, das uns auf die Berufswahl vorbereiten soll», erklärte sie. Deshalb sei sie froh gewesen, dass sie auch eine Schnupperlehre absolvieren konnte. «Ich habe keine Angst vor der Ausbildung und freue mich auf den ersten Kunden, den ich bedienen darf.» Rabia Nur teilte ihre Freude, dass es eine solche Detailhandelsausbildung im Autogewerbe überhaupt gibt: «Für mich war klar, dass ich eine solche Stelle weder bei Coop noch bei Migros antreten will.» Sie schätze das Team und dürfe ab dem zweiten Jahr auch externe Kunden betreuen. Bisher übernehme sie diese Dienstleistungsfunktion bei internen Kunden. «Ich kenne bereits die Basics des Ersatzteile- und Zubehördienstes im Autohandel und schätze an der Lehre, dass ich mich auch mit den Lernenden aus anderen Branchen austauschen kann.» Etwas Respekt habe sie vor der Lehrabschlussprüfung. 

sales.jpgDie Tagung war so aufgeteilt, dass sich die Teilnehmenden in vier Workshops (Sales, After-Sales, üK-Leitende und Prüfungsexperten) intensiv austauschten. Am Nachmittag wurden die relevanten Ergebnisse den anderen Gruppen präsentiert. 

Bis es so weit ist und Rabia Nur als eine der ersten Abgänger/-innen das neue Qualifikationsverfahren durchlaufen wird, dauert es aber noch eine Weile. Über all das, was diesbezüglich bis 2025 auch noch auf die Prüfungsexperten zukommt, unterhielten sich die anwesenden Prüfungsexperten in einem Workshop. Es stellte sich dabei heraus, dass ihnen die Information, wo gewisse Unterlagen zu finden sind, teils noch fehlt. Weiter diskutierte die Gruppe intensiv, ob bei Nicht-Bestehen der Prüfung das ganze Qualifikationsverfahren oder nur dieser Teilbereich wiederholt werden muss. Man einigte sich auf Letzteres. Fest stand am Ende der Tagung zudem, dass bei der Rekrutierung weiterer Prüfungsexperten die Zweisprachigkeit keine Grundvoraussetzung ist. 
 
Facts zu den neuen ­Grundbildungen
Beim Austausch ging es auch darum, die neue Ausrichtung der Ausbildung zu verstehen. Stefan Krempel, Fachlehrer an der STFW, ging deshalb auf die wichtigsten Änderungen bei den Grundbildungen im Detailhandel ein, insbesondere auf die Digitalisierung und die vier Dimensionen der Handlungskompetenzen (Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz).
  • Die Detailhandelsberufe haben für alle 22 Branchen in der Schweiz ab 2022 eine konsequente Ausrichtung auf den Verkauf und die Beratung. Dies passt für die neue Branche Automobil-Sales, für die der AGVS über 10 Jahre gegenüber den Kantonen und dem Bund gekämpft hat.
  • Die vermehrte Ausrichtung auf den Verkauf und die Beratung hatte zur Folge, dass die bisherige Branche (Autoteile-Logistik) neu positioniert werden musste. Dies ist mit ein Grund für die neue Bezeichnung DHF Automobil After-Sales.
  • Bisher haben diese Lernenden hauptsächlich ein Lager bewirtschaftet und der Kundenkontakt beschränkte sich intern vor allem auf die Mechaniker/-innen und externen Kunden am Schalter. Alternativen wie eine «Logistiker EFZ Grundbildung» kommen aufgrund der vielen Kleinbetriebe für die AGVS-Mitglieder nicht in Frage, somit stand der AGVS vor der Wahl, für die mehrere hundert Ausbildungsbetriebe nichts mehr anzubieten oder die Neupositionierung vorzunehmen.
  • Die reine Lagerbewirtschaftung vor Ort nimmt seit Jahren stark ab. Durch den mehrmals täglichen Lieferdienst der Teile sind tiefe Lagerbestände und Arbeiten vorwiegend mit dem gängigen Servicematerial im Trend und sorgen auch für eine Kostenreduktion.

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Stefan Krempel, Fachlehrer an der STFW, ging an der Tagung nochmals auf die wichtigsten Änderungen bei den Grundbildungen im Detailhandel ein.

Menschen mögen, sicher auftreten
Im Workshop «Sales» unterhielt man sich über die Fähigkeit, die ein junger Mensch für diese Ausbildung im Verkauf mitbringen sollte. Die Mitglieder teilten die Meinung, dass man vor allem Menschen mögen muss und über ein sicheres Auftreten verfügen sollte. Zudem zeigte sich die Herausforderung, die Grundbildung im Bereich der Nutzfahrzeuge anzubieten. Es sei ratsam, dass solche Lernende eine Vorbildung und damit eine gewisse Reife mitbrächten. Um die fehlenden Branchenkenntnisse im ersten Lehrjahr drehte es sich im Workshop «After-Sales». Gerade die Ausrichtung auf den Verkauf sorgt bei den Betrieben noch für Verwirrung, wie die wertvollen Rückmeldungen zeigten. «Den Lernenden fehlen nach einem halben Jahr die Grundkenntnisse aus der Allgemeinen Branchenkunde Mobil, um bereits im ersten Lehrjahr die Mechaniker mit Ersatzteilen zu versorgen», lautete eine Wortmeldung. Der Grund dafür wurde in der abschliessenden Runde am Ende der Tagung genannt: Für die 22 Branchen im Detailhandel gibt es in der Berufsfachschule den Branchenunterricht zu Beginn der Lehre nicht mehr, dafür mehr üK-Tage. Die anderen Branchen wollten diese Branchenkunde nicht mehr und der AGVS musste sich der Mehrheit fügen. Es wird zwar insgesamt nicht weniger Fachwissen vermittelt, nur kann dieses aufgrund der neuen Handlungskompetenzorientierung nicht im Sinne von einem Schulfach «Branchenkunde» zu Beginn der Lehre weitergegeben werden, sondern ist über die Lehrjahre verteilt und in den üK integriert. Der AGVS nahm das Anliegen an der Tagung auf und will nun prüfen, wie die Betriebe bei der Bewältigung der Herausforderung der fehlenden Branchenkunde zu Beginn der Lehre unterstützt werden können. Vorgeschlagen wurden ein entsprechendes Lehrmittel oder auch die Organisation von Zusatzkursen.
 
Austausch mit Jugendlichen
Hilfreich kann sein, die Lernenden in den unterschiedlichsten Bereichen (Werkstatt, Kundendienst, Verkauf, Marketing) einzusetzen. Denn die Jungen sollen weiterhin gemäss den vorgegebenen und für alle 22 Branchen einheitlichen Handlungskompetenzen auch in der Bewirtschaftung vom Lager eingesetzt werden, müssen jedoch auch anspruchsvolle Beratungs- und Verkaufsgespräche führen, um die weiteren Handlungskompetenzen abzudecken. «Dies ist in jeder Garage möglich. Sollte beispielsweise kein Zubehörverkauf mit Showroom vorhanden sein, können die Lernenden im Kundendienst eingesetzt werden und haben mehr als genug Möglichkeiten, anspruchsvolle Beratungsgespräche mit Kunden zu führen», betont Olivier Maeder. Während der Tagung lieferten die Teilnehmenden hierzu Best-Practice-­Beispiele. Dabei zeigte sich, dass ein reger Austausch mit den Jugendlichen förderlich ist. Dazu gehört auch die Kommunikation darüber, was in der Berufsfachschule gelernt wurde. 

Grosse Unwissenheit herrschte in den Workshops vor allem gegenüber der neuen Lernplattform Konvink, welche im Betrieb und in der Berufsfachschule eingesetzt wird. Andreas Billeter, Präsident der AGVS-Kommission Detailhandel, erinnerte in diesem Zusammenhang an die Schulungen, die der AGVS im Gegensatz zu anderen Branchen, anbietet, um sich im neuen Tool besser zurechtzufinden. An der Tagung liess es sich Andrea Buchschacher als Konvink-Vertreterin nicht nehmen, Inputs und Verbesserungsvorschläge aufzunehmen und bezog zur geäusserten Kritik direkt Stellung. Keine grösseren Probleme mit Konvink bekundete Rabia Nur, die zur Generation Z gehört und wohl deswegen rascher mit digitalen Tools zurechtkommt: «Man kommt schnell rein, entdeckt immer wieder neue Funktionen.» 

Olivier Maeder zog eine positive Bilanz: «Ich erhielt die Rückmeldung, dass nur schon diese beiden Interviews mit den jungen, motivierten Menschen – der Zukunft unserer Branche – den Besuch der Erfa-Tagung wert waren.» Auch bedankte er sich bei der Kommission Detailhandel, unter der Leitung von Andreas Billeter, für ihre Unterstützung bei der Durchführung dieser Tagung. Die ganzen Inputs waren für den AGVS sehr wertvoll, um den Betrieben weitere Unterstützung bei der Umsetzung bieten zu können. Was nun vor allem fehle, seien weitere Ausbildungsbetriebe, die Lehrstellen für die Detailhandelsausbildung anbieten würden. «Das Interesse und das Wissen bei den Jugendlichen ist vorhanden.»
 
Unterstützung für die Betriebe
Brauchen Sie Unterstützung zur Umsetzung der neuen Grundbildungen im Betrieb sowie zur Anwendung der neuen Ausbildungsplattform Konvink? Das sind die kommenden Kursdaten:

Auf Deutsch:
Bern
Mittwoch, 07. Juni 2023 - ganzer Tag
Dienstag, 29. August 2023 - ganzer Tag

Winterthur
Montag, 20. November 2023 - ganzer Tag


Auf Französisch:
Yverdon
Donnerstag, 15. Juni 2023 - ganzer Tag
Dienstag, 20. Juni 2023 - ganzer Tag
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