«Dieses Potenzial sollte jeder Händler nutzen»

BAK-Prognose: Experten ordnen ein

«Dieses Potenzial sollte jeder Händler nutzen»

12. Dezember 2023 agvs-upsa.ch – 265'000 Fahrzeuge sollen nächstes Jahr gemäss dem Konjunkturausblick von BAK Economics neu immatrikuliert werden. Doch wie realistisch ist diese Prognose? Und wo liegen die Chancen für AGVS-Mitglieder? Wir haben mit zwei Experten gesprochen. Yves Schott

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Peter Picca (Präsident Schweizer Händlerverband der Volkswagen Konzernmarken SHVK) ist Mitglied der AGVS-Markenkommission. Genauso wie Markus Aegerter (Branchenvertretung und Geschäftsleitung AGVS). Ihnen beiden wurden zur BAK-Konjunkturprognose, die Anfang November veröffentlich wurde, die jeweils fünf gleichen Fragen gestellt. 


Peter Picca, wie ordnen Sie die BAK-Prognose ein?
Die BAK-Prognose spiegelt stark den Optimismus wider, welcher zum Zeitpunkt der Umfrage im ersten Semester spürbar war. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die dynamische Veränderung im Neuwagenmarkt und die sich ergebenden wirtschaftlichen Prognosen für 2023/2024 diese anfänglich positive Prognose beeinflussen werden.
 
Was bedeuten die Zahlen für die Garagistinnen und Garagisten? 
Die Marktprognose hat direkte Auswirkungen auf die von Importeuren festgelegten Ziele für Neuwagen, einschliesslich Original- und Zubehörumsatz. Jeder Importeur berücksichtigt dabei individuelle Parameter für die Ziele der Händler. Trotzdem werden sich die Händler auf einen intensiven Verkaufsdruck einstellen müssen, insbesondere bei der Erreichung von Marktanteilen und der quartalsweise festgelegten Zielvorgaben durch die Importeure. Da diese Ziele rückvergütungsrelevant sind, steigt das Risiko negativer Renditen im Neuwagenhandel, falls die Ziele nicht erreicht werden.
 
Wo liegen die Chancen für AGVS-Mitglieder, wo die Risiken und Gefahren?
Jede Automarke hat eine einzigartige Ausgangslage, daher müssen Chancen und Risiken individuell betrachtet werden. Eine vielversprechende Chance besteht in der Akquisition und Pflege von Firmenkunden, insbesondere im Zuge der Elektrifizierung von Firmenflotten. Hier liegt ein beträchtliches Potenzial, das jeder Händler nutzen sollte, um sich gegenüber grossen Providern oder Leasinggesellschaften zu positionieren – namentlich im Bereich Kleingewerbe und KMU. 
 
Kann es sein, dass alles viel besser kommt als nun erwartet? Oder vielleicht sogar schlimmer? Wovon hängt das ab?
Bei Nichterreichung der Zielsetzungen drohen weitere Rabattschlachten, was kurzfristig zwar Käuferinnen und Käufer erfreut, langfristig jedoch zu einer weiteren, erheblichen Margenerosion im Neuwagenhandel führt. Die aktuellen wirtschaftlichen Zeichen in der EU lassen keine positive Stimmung aufkommen und die Berichte über Entlassungswellen in der Schweiz tragen zur Verunsicherung der Konsumenten bei. Dennoch zeigen Schweizerinnen und Schweizer in schwierigen Zeiten eine historisch hohe Kaufbereitschaft.
 
Wie lautet Ihr wichtigster Tipp für 2024 an Garagen, Occasionshändler und andere Player?
Viele Garagisten verlassen sich auf traditionelle Methoden und hoffen auf Laufkundschaft aus dem Bestandeskunden-Portfolio. Diese kommen aber immer seltener. Um sich zu differenzieren, sind jedoch mehr unternehmerisches Denken, Kreativität und Investition in Kundenbindung erforderlich. Der Dienstleistungsgrad und der Überraschungseffekt müssen eine höhere Priorität bekommen. In Anlehnung an Henry Ford: Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon war. Marke und Modell sind austauschbar, die DNA und Innovation eines Garagisten nicht …

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«Jede Automarke hat eine einzigartige Ausgangslage.» SHVK-Präsident Peter Picca. Foto: zvg



Markus Aegerter, wie ordnen Sie die BAK-Prognose ein?
Angesicht der aktuell sehr zurückhaltenden Konsumentenstimmung kann ich nachvollziehen, dass sich viele Markenhändler fragen, ob nächstes Jahr tatsächlich rund 265'000 Neuwagen verkauft werden.

Was bedeuten die Zahlen für die Garagistinnen und Garagisten?
Die BAK-Prognosen sind für die Markenhändlerverbände ein wichtiges Instrument. Mit Hilfe dieser Zahlen können mit den Importeuren die Jahresziele für die Neuwagenverkäufe vereinbart werden. Umso wichtiger ist es, dass diese Prognosen so realistisch wie möglich sind.

Wo liegen die Chancen für AGVS-Mitglieder, wo die Risiken und Gefahren?
Die BAK-Prognose soll verhindern, dass den Markengaragisten von den Importeuren zu hohe, unrealistische Verkaufsziele gesetzt werden. Das könnte aber der Fall sein, wenn die BAK-Vorhersagen zu optimistisch sind.

Kann es sein, dass alles viel besser kommt als nun erwartet? Oder vielleicht sogar schlimmer? Wovon hängt das ab?
Wenn sich die Situation in der Ukraine und im Nahen Osten wieder etwas bessert, allenfalls die Inflation abflacht und sich grössere Konzerne entschliessen sollten, im nächsten Jahr ihre Flotten zu ersetzen, könnte die BAK-Prognose in der Tat vielleicht sogar übertroffen werden. Allerdings halte ich das eher für unwahrscheinlich. Und falls die Konsumentenstimmung sich noch weiter verschlechtert, erachte ich es leider als durchaus realistisch, dass sogar deutlich weniger neue Fahrzeuge als prognostiziert in Verkehr gesetzt werden. Ich hoffe deshalb sehr, dass die Importeure bei ihren Zielsetzungen Augenmass zeigen.

Wie lautet Ihr wichtigster Tipp für 2024 an Garagen, Occasionshändler und andere Player?
Die Garagistinnen und Garagisten wissen, dass sie nicht nur auf den Neuwagenhandel, sondern zunehmend auch auf das Werkstattgeschäft und den Occasionshandel fokussieren sollten.

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«... dann ist es leider durchaus realistisch, dass sogar deutlich weniger neue Fahrzeuge als prognostiziert in Verkehr gesetzt werden.» Markus Aegerter, ​Branchenvertretung und Geschäftsleitung AGVS. Foto: AGVS-Medien
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