Fokus Technik
Automatisiertes Fahren und Schweizer Innovation
7. Januar 2020 autoberufe.ch – Einmal im Jahr treffen sich Tagungsteilnehmende aus Forschung/Lehre, Entwicklung und Firmen- wie auch Behördenvertreter zur Mat-Konferenz (Mobility and Transportation). Bereits zum 19. Mal fand die Tagung statt und beleuchtete verschiedene Aspekte der vernetzten Mobilität. Auffallend dabei: Obwohl die Hardware und grösstenteils die Software einen hohen Entwicklungsstand aufweisen, werden automatisiert fahrende Fahrzeuge vorerst nicht auf der Strasse verkehren. Dafür sorgt künstliche Intelligenz bei der Stadtreinigung für Furore.
Rund 110 Teilnehmende informierten sich von elf Referenten über die verschiedenen Anwendungen der vernetzten Mobilität zu Lande, im Wasser und in der Luft.
se. Tagungsleiter Peter Affolter freute sich, Anfang November im Auditorium der Post in Bern rund 110 Teilnehmende begrüssen zu dürfen. Für jeden Teilnehmer war im bunten Programm der elf Referenten etwas dabei. AUTOINSIDE konzentriert sich auf zwei Referate zum Thema automatisiertes/autonomes Fahren und die Abfallbeseitigung in Städten mit Unterstützung durch künstliche Intelligenz.
Bei den Automobilherstellern und -zulieferern ist das Thema etwas in den Hintergrund gerückt. Der Elektrifizierung des Antriebes und damit die Senkung der CO2-Emissionen ist im Fokus. Am teil- oder vollständig automatisierten Fahren wird aber fleissig entwickelt, virtuelle Testumgebungen programmiert und eingesetzt und die Software dank Maschinenlernen optimiert. Der Gesetzgeber hat jetzt eine langsamere Gangart eingeschlagen. Und dies aus plausiblen Gründen.
Der Direktor und Professor Andre Seeck der Bundesanstalt für Strassenwesen (Bast, Deutschland) relativierte die Gangart der Industrie. Für Seeck ist klar, dass sowohl die technischen Anwendungsfälle vom automatisierten Fahrzeug sicher ausgeführt werden, aber auch die Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI) und die Übergabe der Verantwortlichkeit technisch und juristisch klar und in internationalen Normen festgelegt werden müssen. Ein Wildwuchs dient nicht der Sicherheit und gilt es zu vermeiden.
Die aktuellen Definitionen, was ein selbstfahrendes oder autonomes Fahrzeug ist, sind aktuell zu wenig präzisiert. Die weltweite Automobilingenieurvereinigung SAE (Society of Automotive Engineers) hat fünf Level definiert. Bis und mit Level-2-Anwendungen sind es reine Fahrerassistenzsysteme und unterstützen den Fahrer beispielsweise durch einen abstandsregelnden Tempomat (ACC) oder Spurhalteassistenten. Ab Level 3 übernimmt das Fahrzeug teilweise Fahrfunktionen automatisiert. Level-5-Fahrzeuge können sich vollständig autonom bewegen.
Beim kommenden Level 3 regelt die SAE in der Norm J3016 das automatisierte Fahren auf der Autobahn und verlangt einen «übernahmebereiten» Fahrer. Wenn das System also in Fahrsituationen gerät, die es nach seiner Einschätzung nicht mehr sicher meistern kann, muss der Fahrer übernehmen (beispielsweise Autobahnbaustelle). Für Seeck sind in der SAE-Norm zwar die Anwendungen und die Verantwortlichkeiten definiert. Diese sind aber viel zu wenig genau beim Anwendungsfall und vor allem werden die Anforderungen an die Technologie nicht umschrieben.
Entsprechend erarbeiten aktuell Arbeitsgruppen in der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf (UNECE) bis im Frühling 2020 sowohl technische Vorschriften (was müssen die Systeme können, Redundanz), die Anwendungsfälle (wo darf automatisiert gefahren werden) und die Typengenehmigung/Validierung der Software (Typengenehmigung). Erst wenn diese Normen festgelegt sind, können Level-3-Anwendungen wie Stau- oder Autobahnassistenten oder automatisiertes Parken in die Realität umgesetzt werden.
Und eine weitere Einschränkung erwähnte Seeck, die auch für die Garagisten im Werkstattalltag Auswirkungen hat: Die Software der Level-3-Fahrzeuge darf nicht via Update einfach vom Hersteller aufs Fahrzeug übertragen werden (kabelgebunden via Diagnosetester oder auch «Over the air» per Internet/WLAN). Jede Softwareänderung muss zuerst von den Behörden validiert und es dürfen nur geprüfte Level-3-Programmcodes eingesetzt werden.
Die Schweiz ist ein grosser Forschungs- und Entwicklungsmotor in vielen Bereichen. André Droux von der Firma Cortexia SA zeigte auf, wie mittels KI, also künstlicher Intelligenz, die Strassen, Trottoirs und Quartiere in Städten mit weniger Aufwand sauber gehalten werden können. Eine Kamera an der Front der Putzmaschine scannt den Abfall und kategorisiert diesen. Die mit 1920x1080 Bildpunkte aufnehmende Kamera erzeugt mit 30 Bildern pro Sekunde mehr als 100 Gigabyte Daten innert 24 Stunden. Ein Zigarettenstummel auf der Strasse kann bis zu einer Geschwindigkeit von 40 km/h beim Vorbeifahren erkannt werden.
Dank Deep Learning und künstlicher Intelligenz werden die weggeworfenen Gegenstände kategorisiert und im 5-kg-Rechner von NVIDIA auf der Reinigungsmaschine ausgewertet. Auch öffentliche Abfalleimer werden erfasst. In der Cloud werden die Daten ausgewertet und dank dem Standort der «Fundgegenstände» Karten erstellt, wo wie viel gereinigt werden und wo die Periodizität erhöht werden muss. Damit können die Städte ihre Reinigungsmitarbeiter gezielter einsetzen. Während in den Städten der EU durchschnittlich rund 50 Euro pro Einwohner für die Reinigung eingesetzt werden, sind es in der Schweiz durchschnittlich 120 bis 160 Franken pro Einwohner. Dank Vernetzung und dem Einsatz von KI lässt sich in den Kommunen dank Technik viel Geld einsparen.
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Rund 110 Teilnehmende informierten sich von elf Referenten über die verschiedenen Anwendungen der vernetzten Mobilität zu Lande, im Wasser und in der Luft.
se. Tagungsleiter Peter Affolter freute sich, Anfang November im Auditorium der Post in Bern rund 110 Teilnehmende begrüssen zu dürfen. Für jeden Teilnehmer war im bunten Programm der elf Referenten etwas dabei. AUTOINSIDE konzentriert sich auf zwei Referate zum Thema automatisiertes/autonomes Fahren und die Abfallbeseitigung in Städten mit Unterstützung durch künstliche Intelligenz.
Bei den Automobilherstellern und -zulieferern ist das Thema etwas in den Hintergrund gerückt. Der Elektrifizierung des Antriebes und damit die Senkung der CO2-Emissionen ist im Fokus. Am teil- oder vollständig automatisierten Fahren wird aber fleissig entwickelt, virtuelle Testumgebungen programmiert und eingesetzt und die Software dank Maschinenlernen optimiert. Der Gesetzgeber hat jetzt eine langsamere Gangart eingeschlagen. Und dies aus plausiblen Gründen.
Der Direktor und Professor Andre Seeck der Bundesanstalt für Strassenwesen (Bast, Deutschland) relativierte die Gangart der Industrie. Für Seeck ist klar, dass sowohl die technischen Anwendungsfälle vom automatisierten Fahrzeug sicher ausgeführt werden, aber auch die Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI) und die Übergabe der Verantwortlichkeit technisch und juristisch klar und in internationalen Normen festgelegt werden müssen. Ein Wildwuchs dient nicht der Sicherheit und gilt es zu vermeiden.
Die aktuellen Definitionen, was ein selbstfahrendes oder autonomes Fahrzeug ist, sind aktuell zu wenig präzisiert. Die weltweite Automobilingenieurvereinigung SAE (Society of Automotive Engineers) hat fünf Level definiert. Bis und mit Level-2-Anwendungen sind es reine Fahrerassistenzsysteme und unterstützen den Fahrer beispielsweise durch einen abstandsregelnden Tempomat (ACC) oder Spurhalteassistenten. Ab Level 3 übernimmt das Fahrzeug teilweise Fahrfunktionen automatisiert. Level-5-Fahrzeuge können sich vollständig autonom bewegen.
Beim kommenden Level 3 regelt die SAE in der Norm J3016 das automatisierte Fahren auf der Autobahn und verlangt einen «übernahmebereiten» Fahrer. Wenn das System also in Fahrsituationen gerät, die es nach seiner Einschätzung nicht mehr sicher meistern kann, muss der Fahrer übernehmen (beispielsweise Autobahnbaustelle). Für Seeck sind in der SAE-Norm zwar die Anwendungen und die Verantwortlichkeiten definiert. Diese sind aber viel zu wenig genau beim Anwendungsfall und vor allem werden die Anforderungen an die Technologie nicht umschrieben.
Entsprechend erarbeiten aktuell Arbeitsgruppen in der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf (UNECE) bis im Frühling 2020 sowohl technische Vorschriften (was müssen die Systeme können, Redundanz), die Anwendungsfälle (wo darf automatisiert gefahren werden) und die Typengenehmigung/Validierung der Software (Typengenehmigung). Erst wenn diese Normen festgelegt sind, können Level-3-Anwendungen wie Stau- oder Autobahnassistenten oder automatisiertes Parken in die Realität umgesetzt werden.
Und eine weitere Einschränkung erwähnte Seeck, die auch für die Garagisten im Werkstattalltag Auswirkungen hat: Die Software der Level-3-Fahrzeuge darf nicht via Update einfach vom Hersteller aufs Fahrzeug übertragen werden (kabelgebunden via Diagnosetester oder auch «Over the air» per Internet/WLAN). Jede Softwareänderung muss zuerst von den Behörden validiert und es dürfen nur geprüfte Level-3-Programmcodes eingesetzt werden.
Die Schweiz ist ein grosser Forschungs- und Entwicklungsmotor in vielen Bereichen. André Droux von der Firma Cortexia SA zeigte auf, wie mittels KI, also künstlicher Intelligenz, die Strassen, Trottoirs und Quartiere in Städten mit weniger Aufwand sauber gehalten werden können. Eine Kamera an der Front der Putzmaschine scannt den Abfall und kategorisiert diesen. Die mit 1920x1080 Bildpunkte aufnehmende Kamera erzeugt mit 30 Bildern pro Sekunde mehr als 100 Gigabyte Daten innert 24 Stunden. Ein Zigarettenstummel auf der Strasse kann bis zu einer Geschwindigkeit von 40 km/h beim Vorbeifahren erkannt werden.
Dank Deep Learning und künstlicher Intelligenz werden die weggeworfenen Gegenstände kategorisiert und im 5-kg-Rechner von NVIDIA auf der Reinigungsmaschine ausgewertet. Auch öffentliche Abfalleimer werden erfasst. In der Cloud werden die Daten ausgewertet und dank dem Standort der «Fundgegenstände» Karten erstellt, wo wie viel gereinigt werden und wo die Periodizität erhöht werden muss. Damit können die Städte ihre Reinigungsmitarbeiter gezielter einsetzen. Während in den Städten der EU durchschnittlich rund 50 Euro pro Einwohner für die Reinigung eingesetzt werden, sind es in der Schweiz durchschnittlich 120 bis 160 Franken pro Einwohner. Dank Vernetzung und dem Einsatz von KI lässt sich in den Kommunen dank Technik viel Geld einsparen.
Mat-conference.ch – Porträt
Nebst der SSM-/SAE-Tagung gehört die Mat-Konferenz zu den viel beachteten, öffentlichen Techniktagungen in der Schweiz. Die Mat-Konferenz entstand aus einem Netzwerk von Hochschulen und Zulieferern für die Automobilindustrie. Jedes Jahr beleuchten Experten technische Entwicklungen für die Mobilität zu Lande, zu Wasser und in der Luft und zeigen auf, wie vielfältig das Forschungs- und Entwicklungsland Schweiz ist. Als Träger amtet das Bundesamt für Energie, die Berner Fachhochschule, die Hochschule für Technik in Rapperswil, die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, die Haute Ecole Spécialisée de Suisse occidentale und die SAE Switzerland. Die nächste Tagung findet am 4. November 2020 statt.
Nebst der SSM-/SAE-Tagung gehört die Mat-Konferenz zu den viel beachteten, öffentlichen Techniktagungen in der Schweiz. Die Mat-Konferenz entstand aus einem Netzwerk von Hochschulen und Zulieferern für die Automobilindustrie. Jedes Jahr beleuchten Experten technische Entwicklungen für die Mobilität zu Lande, zu Wasser und in der Luft und zeigen auf, wie vielfältig das Forschungs- und Entwicklungsland Schweiz ist. Als Träger amtet das Bundesamt für Energie, die Berner Fachhochschule, die Hochschule für Technik in Rapperswil, die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, die Haute Ecole Spécialisée de Suisse occidentale und die SAE Switzerland. Die nächste Tagung findet am 4. November 2020 statt.
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