Eine Weiterbildung für die emotionale Intelligenz

BetriebswirtIn im Automobilgewerbe

Eine Weiterbildung für die emotionale Intelligenz

9. März 2021 agvs-upsa.ch – An der gibb Berufsschule Bern und an der STFW Schweizerische Technische Fachschule Winterthur unterrichtet Ernst-Peter Walther angehende Betriebswirtinnen und Betriebswirte im Automobilgewerbe im Modul 1 «Unternehmensführung». Weshalb der Geschäftsleiter der Zentrum-Garage AG in Düdingen der eigenen Wahrnehmung und dem langfristigen Denken höchste Aufmerksamkeit schenkt, verrät er im Interview. 

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Quelle: AGVS-Medien

mig. Herr Walther, Welche Kernelemente wollen Sie den angehenden Betriebswirtinnen und Betriebswirten im Automobilgewerbe vermitteln? 
Ernst-Peter Walther, Dozent für Unternehmensführung:
Im Modul 1 «Unternehmensführung» geht es um das grosse Ganze. Was ist die Mission der Unternehmung? Wohin wollen wir mit der Firma? Damit ist die Vision gemeint. Und wie sieht der Weg respektive die Strategie aus? Ich will eine Art Fundament vermitteln. Das Ganze ist komplex, systemisch und es gibt kein richtig oder falsch. Es ist schön zu sehen, wie das vernetzte Denken bei den Teilnehmenden wächst und, dass sich am Schluss des Moduls alles zusammenfügt.

Warum ist der Lehrgang für die Autobranche so wertvoll? 
Unsere Branche benötigt Entrepreneure. Leader, die über ein grosses generalistisches Wissen verfügen. Visionäre, die Strategien entwickeln und Mitarbeitende fördern und fordern. Bei der Wahl der Dozierenden legen die Weiterbildungsinstitute grossen Wert auf den Branchenbezug. Dies macht diesen Lehrgang einzigartig. Nach Abschluss stehen Türen für Nachdiplom-Studiengänge an Fachhochschulen, wie zum Beispiel ein Executive MBA, offen.

Was für Reaktionen erhalten Sie von den Teilnehmenden? 
Von Absolventen höre ich oft, dass sie sich durch diesen Lehrgang weiterentwickelt haben. Nicht nur auf die fachlichen Kompetenzen bezogen, sondern ebenfalls auf die emotionale Intelligenz. Sie gehen anders mit Komplexität, mit sich selbst und mit anderen Menschen um. 

Wie gelingt ein guter Umgang mit unseren Mitmenschen, den Kunden oder Mitarbeitenden? 
Für mich ist die Fähigkeit entscheidend, schnell eine emotionale Bindung zu Menschen aufbauen zu können. Hilfreich ist dabei ein positives Bild von Menschen. Ein Grundvertrauen ist notwendig. Ich persönlich gehe immer davon aus, dass die Menschen es gut mit mir meinen. Ich bemühe mich aktiv zuzuhören und stelle Fragen. Ich bin neugierig. Beim Gegenüber schafft dies Vertrauen und gibt Sicherheit.

Vertrauen und Sicherheit sind Schlagwörter, die gut zum Thema «der eigenen Wahrnehmung» passen. Sie sagen, dass die eigene Wahrnehmung beeinflusst, ob wir eine Situation als Chance oder Gefahr einschätzen. 
Es gibt für mich nicht per se Chancen oder Gefahren. Ein identisches Ereignis oder eine Entwicklung kann für eine Person oder Unternehmung als Chance wahrgenommen werden und für jemanden anders als Gefahr. Kann man ein Ereignis oder eine Entwicklung mit einer eigenen Stärke in Verbindung bringen, wird dies in der Regel als Chance wahrgenommen. Es ist also wichtig, die eigenen Stärken aber auch die eignen Schwächen zu kennen. Natürlich sind «das positive Denken» und «die Bereitschaft zur Veränderung» auch wichtige Aspekte. Dabei ist die Fähigkeit des Loslassens sehr wichtig.

Welche Chancen sehen Sie in Ihrer Funktion als Geschäftsleiter der Zentrum-Garage AG für Ihren Betrieb und die Branche? 
Die Zentrum-Garage AG vertritt die Marken Renault und Dacia. Langfristig kann ich mir vorstellen, dass die Autohersteller versuchen, den Direktvertrieb zu pushen, um so ihre Gewinnspanne zu erhöhen. Zusätzlich sind neue Marktleistungen im Bereich der individuellen Fahrzeugmobilität im Kommen. Bei vielen Produkten besitzt der Automobilist kein Fahrzeug mehr, sondern zahlt nur für die Nutzung. Als Beispiel Carsharing oder Auto im Abo. Sind solche Szenarien nun eine Chance oder eine Gefahr für die Zentrum-Garage? Aus Sicht des Vertriebs von Neuwagen ist dies eine Gefahr. Jedoch sehe ich dadurch auch Chancen im Handel mit Occasionen, im Unterhalt der Fahrzeuge und mit weiteren Marktleistungen. Wir sind aktuell an der Entwicklung von möglichen Visionen für die Zentrum-Garage AG.

Die Zentrum-Garage AG feiert nächstes Jahr ihr 100-jähriges ­Bestehen. Wie stolz macht Sie dieser runde Geburtstag? 
Dies ist eine grossartige Leistung. Ich bin stolz, die Unternehmung auf ihrem Weg zu begleiten. In den vergangenen 99 Jahren haben ganz viele Menschen die Zentrum-Garage begleitet. Jeder Mitarbeitende mit deren Familien und Freunden, jeder Kunde und all unsere Partner können stolz auf sich sein.

Sie leiten in Ihrer Garage derzeit das interne Projekt «Unternehmensnachfolge». Wo liegen hier die Herausforderungen? 
Eine Unternehmensnachfolge ist immer einzigartig. Es gibt ganz viele Dinge zu bearbeiten. Meinem Bruder ist es wichtig, dass seine Kinder auch noch in zehn Jahren die Möglichkeit haben, die Unternehmensnachfolge anzutreten. Diesen Wunsch wird der Verwaltungsrat respektieren. Eine weitere Herausforderung stellt das emotionale Loslassen dar. 

Wie meinen Sie das? 
Eine Nachfolge bedeutet, dass sich die bestehenden Begleiter vom Unternehmen trennen müssen. Eine solche Trennung stellt einen grossen Verlust dar und muss mit einem intensiven Trauerprozess verarbeitet werden. Erst danach können sich die Personen langsam an die neue Situation annähern und sich auf eine neue Art an die Unternehmung binden.

Da spricht der Wirtschaftsmediator aus Ihnen, zu dem Sie sich weitergebildet haben. Was fasziniert Sie daran, Unternehmen in Veränderungs- und Konfliktsituationen zu begleiten? 
Mich fasziniert das Unternehmertum, egal welche Branche. Wir Menschen verhalten uns oft, als ob unser Leben bedroht wäre. Dabei bedienen wir uns instinktiv trivialer Muster wie: Kampf, Flucht oder das Totstellen. Im Geschäftsalltag kann dies gesundheitliche und betriebswirtschaftliche Schäden anrichten. Als neutrale Wirtschaftsmediatoren richten wir jedoch nicht und schlagen auch keine Lösungen vor. Wir bauen Vertrauen auf und reduzieren Verhandlungsbarrieren, so dass die Parteien selbst mehrheitsfähige Lösungen erarbeiten können. Es ist faszinierend zu sehen, wie sich so Konflikte lösen lassen.

Ihren Schülerinnen und Schülern legen Sie im Kurs auch ­langfristiges Denken ans Herz. Wie kann man dieses visionäre Denken fördern?
Es ist wichtig, seine eigene Mission zu kennen. Eine Mission liefert die Antwort auf Fragen: Wozu bin ich da? Oder was will ich bewirken? Sie beschreibt meine Aufgabe. Meine Mission treibt mich an. Dann ist ein visionäres Denken viel einfacher, weil ich weiss, wohin ich will. Eine Vision soll uns anziehen und beschreibt die gewünschte Zukunft. Es gibt noch einen zweiten Aspekt, der langfristiges Denken unterstützt. 

Welchen Aspekt meinen Sie? 
Seit 2014 lese ich bewusst keine allgemeinen Nachrichten. Die frei gewordene Zeit nutze ich für Sachbücher, themenbezogene oder regionale News. Die wichtigen allgemeinen Nachrichten bekomme ich in Gesprächen mit Menschen sowieso mit. Da ich meist nicht so informiert bin, stelle ich viele Fragen und daraus entwickeln sich spannende Gespräche. 

Lehrgang «diplomierte/-r Betriebswirt/-in im Automobilgewerbe».
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