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CO2-Gesetz

«Alle Antriebsarten müssen ihren Beitrag zur Energieeffizienz leisten»

13. Mai 2019 agvs-upsa.ch – Der Bund ist nicht zufrieden mit der Entwicklung beim CO2-Ausstoss, der Allradanteil ist ihm zu hoch. Neben signifikanten Zuwachsraten bei der Elektromobilität zielt Christoph Schreyer, Leiter Mobilität im Bundesamt für Energie, darauf ab, dass jeder Antrieb seinen Beitrag zur Energieeffizienz leisten muss. Und er anerkennt: Der Diesel ist zurück.

kro. Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung rund um die C­O2-Zielwerte ganz generell?
Christoph Schreyer:
Sie geht in die falsche Richtung. Es werden nach wie vor mehrheitlich ineffiziente Fahrzeuge gekauft. Der 4x4-Anteil nimmt weiterhin zu, woran die Branche mit verschiedenen Aktionen nicht ganz unbeteiligt ist. Hier stehen Hersteller und Importeure in der Pflicht. In dieser Pflicht stehen auch die Kunden, die energieeffizientere Fahrzeuge kaufen sollten. Das wiederum braucht starke Überzeugungsarbeit und auch hier sind die Importeure und der Handel gefordert.

Wenn so viele Allradfahrzeuge gekauft werden, dann zeigt das doch nur, dass die Nachfrage entsprechend hoch ist. Und die wird ja nicht einfach durch eine mehr oder weniger geschickte Werbung der Importeure gesteuert.
Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Ein deutscher Hersteller hat rund um den Auto-Salon kräftig mit «4x4=0» geworben, gibt den Allradantrieb quasi gratis dazu. Da würde ich als Kunde doch auch die 4x4-Version einer verbrauchsgünstigeren Version vorziehen. 

Auch weil das zusätzlich einen sicherheitsrelevanten Aspekt hat?
Das ist korrekt. Beim Bergauffahren. Beim Bergabfahren bremsen wie bei allen Autos vier Räder. Aber klar: In unseren eiskalten, strengen und langen Wintern ist ein Allradantrieb natürlich ein Vorteil …

Jetzt werden Sie ironisch – es gibt gar nicht mehr so viele eiskalte Winter …
Möglicherweise hängt das ja zusammen. 

Die Einhaltung der CO2-Grenzwerte wird nicht nur wegen der höheren Allrad-Dichte, dem höheren Anteil an SUV und den besser ausgerüsteten Fahrzeugen in der Schweiz schwierig. Ausgerechnet jetzt wird auch noch das Messverfahren geändert. WLTP führt im Schnitt zu rund 20 Prozent höheren Messwerten. 
Zunächst ist mir wichtig: Mit dem WLTP erhalten die Autokäuferinnen und -käufer realistischere Angaben zum Treibstoffverbrauch und damit zu den Kosten des Fahrzeugs im Alltag. Die Regulierung im Rahmen des CO2-Gesetzes wird gegenwärtig im Parlament debattiert. Diese ist stark an jene der EU angelehnt. Die EU-Regelung trägt diesem Umstand Rechnung, indem der Zielwert im Verhältnis von WLTP und NEFZ angepasst wird. Das gilt dann ab 2021 und wird in Abhängigkeit der Entscheide des Parlaments auch von uns übernommen. Bis dahin werden die seit September 2018 vorgeschriebenen WLTP-Werte noch mit einem Korrelationsverfahren auf NEFZ zurückgerechnet. 

Obschon der Bund wie auch Hersteller und Importeure den Kauf von Hybrid- oder Elektrofahrzeugen anregen, liegt deren Anteil bei den Neuzulassungen per Ende 2018 bei gerade einmal 7 Prozent, jener von rein batteriebetriebenen Fahrzeugen nur bei 1,8 Prozent. Wie erklären Sie sich das?
Bisher ist das Angebot an Fahrzeugen noch relativ schmal. Kommt dazu, dass man für bestimmte Modelle teilweise sehr lange warten muss. Wir rechnen aber damit, dass sich diese Situation in den nächsten Monaten entspannt. Im März betrug der Anteil von reinen Elektrofahrzeugen bei den Verkäufen 6,4 Prozent, da die ersten Tesla Model 3 ausgeliefert wurden. Das Model 3 war im Übrigen das im März mit Abstand am häufigsten zugelassene Fahrzeug.

Ziel der «Roadmap Elektromobilität» des Bundes ist, den Marktanteil an Elektrofahrzeugen bis ins Jahr 2022 auf 15 Prozent zu steigern. Glauben Sie Stand heute, dass das realistisch ist? 
Ja.

Das müssen Sie jetzt sagen.
Das Ziel kann dann erreicht werden, wenn die von den Herstellern angekündigten Fahrzeuge in ausreichender Zahl vorhanden und auch lieferbar sind. Aber klar, es ist sehr ambitioniert.

Ist ambitioniert als realistisch zu verstehen oder nur als ambitioniert?
Das ist eine semantische Feinheit. Volkswagen will bis 2025 einen Anteil von 25 Prozent ihrer Fahrzeuge elektrifiziert absetzen und bis 2028 insgesamt 70 neue elektrifizierte Modelle auf den Markt bringen. Wenn sie das schaffen, dann sind unsere Ziele von 15 Prozent im Jahr 2022 realistisch.

Das heisst, der Ball liegt schon wieder bei den Herstellern. Wo leisten Sie vom Bund aus Ihren Beitrag, um dieses Ziel zu erreichen?
Es ist eine Grundvoraussetzung, dass alle Akteure am selben Strick ziehen. Dazu gehören selbstverständlich auch die Käufer. Die machen das aber nur, wenn die Ladeinfrastruktur zur Verfügung steht. Hier leisten wir vom Bund aus unseren Beitrag. Das Beispiel von Ladestationen auf Raststätten entlang der Autobahnen zeigt das deutlich. Auch wenn die nicht vom Bund finanziert, sondern nur bewilligt werden.

Bezüglich Elektromobilität gibt es die Befürchtung, dass der Stromverbrauch gar nicht gedeckt werden kann, wenn der Marktanteil signifikant steigt. Zu Recht?
Wir sehen das auf absehbare Zeit nicht als Problem. Bis der Anteil an Elektrofahrzeugen an der Gesamtflotte einen signifikanten Anteil hat, vergehen noch Jahrzehnte. In dieser Zeit erschliessen wir die vorhandenen Einsparpotenziale beispielsweise bei der Beleuchtung oder bei den elektrischen Direktheizungen, bauen die erneuerbaren Energien stark aus und konzipieren eine intelligente, netzschonende Ladeinfrastruktur. 

Bevor der Bund auf die Elektromobilität umschwenkte …
(Unterbricht) Einspruch! Das Bundesamt für Energie ist technologieneutral unterwegs. Es geht nicht um eine sofortige Elektrifizierung, sondern darum, dass alle Antriebstechnologien ihren Beitrag durch eine Effizienzsteigerung beitragen. Und gerade die Auflistung in unserem Programm «co2tieferlegen» zeigt, dass alle Antriebsarten berücksichtigt werden, die dazu beitragen, den CO2-Ausstoss zu vermindern. Aber klar, die Elektromobilität bietet zusammen mit unserem erneuerbaren Strommix grosse Potenziale, steht im Moment aber vor gewissen Anfangshürden. Hier schieben wir mit koordinativen Tätigkeiten etwas an, nicht aber mit Kaufprämien oder Investitionsbeiträgen. Der Entscheid über Technologien fällt übrigens auch nicht der Bund, sondern den fällen die Konsumenten.

Warum gibt es dann neben der «Roadmap Elektromobilität» keine «Roadmap CNG-Mobilität», ein energieeffizienter und nachhaltiger Treibstoff, der im Inland und in Form von 100 Prozent Biogas hergestellt werden kann?
Wir haben Gasmobilität lange mit verschiedenen Instrumenten unterstützt. Erdgas profitiert von einem tieferen Mineralölsteuersatz. Der Biogasanteil profitiert, indem er ganz davon befreit ist und er wird zusätzlich bei den CO2-Vorschriften für Personenwagen angerechnet. Das sind alles Massnahmen, mit denen der Bund diese Antriebstechnologie über günstige Rahmenbedingungen fördert. 

Die Hälfte dieser Massnahmen sind aber im Rahmen des neuen CO2-Gesetzes gefährdet.
Das ist eine politische Frage, die ich nicht beantworten kann. Das entscheidet das Parlament. In der Botschaft des Bundesrates ist aber vorgesehen, dass beispielsweise die Anrechnung an die CO2-Vorschriften weitergeführt und zusätzlich auf synthetische Treibstoffe wie beispielsweise Power-to-Gas ausgeweitet werden soll.

Diesel war lange Jahre der Hoffnungsträger für eine Reduktion von CO2. Heute scheint jeder, der ein Diesel-Fahrzeug fährt, ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Warum relativiert der Bund hier nicht?
Diesel der neuesten Generation weisen erheblich reduzierte Schadstoffwerte aus. Und was die Energieausbeute betrifft, ist die Dieseltechnologie gut und dem Benziner überlegen. Das ist bekannt und deshalb brauchen wir hier nichts zu relativieren.
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